Halt geben ohne Einengen

Freiheit ist ein großes Wort. Schnell verbunden mit Vorstellungen von Loslassen, Leichtigkeit, Selbstbestimmung. Und ja – auch bei uns im Schilfhuus spielt Freiheit eine wichtige Rolle. Aber nicht als grenzenlose Beliebigkeit, sondern als gelebte Verantwortung. Denn Freiheit ohne Struktur verunsichert. Vor allem Kinder, die bisher wenig Verlässliches erleben durften.

Wir glauben: Ein freies Leben braucht Form. Es braucht Halt, an dem man sich orientieren kann, besonders dann, wenn innerlich noch alles schwankt. Deshalb ist Struktur für uns keine Einschränkung – sondern ein Schutz. Eine Einladung, zur Ruhe zu kommen. Sich fallen zu lassen in wiederkehrende Abläufe, die Halt geben. Und genau darin liegt die Kraft.

Bei uns gibt es klare Tagesrhythmen. Wir stehen gemeinsam auf. Wir essen gemeinsam. Wir machen gemeinsam Küche. Nicht, weil wir Kontrolle brauchen – sondern Beziehung. Denn im gemeinsamen Tun liegt Verbindung. Kinder erleben: Ich gehöre dazu. Ich bin Teil dieses Hauses, dieser kleinen Welt, die durch Struktur zusammengehalten wird.

Und dann gibt es dazwischen Momente der Freiheit. Augenblicke, in denen Kinder mitentscheiden dürfen. Räume, in denen ihre Bedürfnisse Platz haben. Zeit, in der nichts vorgegeben ist – außer der Möglichkeit, sich selbst zu spüren. Diese Wechselwirkung von Struktur und Freiheit prägt unseren Alltag.

Freiheit beginnt für uns nicht mit „Alles ist möglich“, sondern mit der inneren Sicherheit, überhaupt entscheiden zu dürfen. Wer nie gefragt wurde, weiß oft gar nicht, was er will. Deshalb fragen wir – geduldig, wiederholt, aufmerksam. Aber wir geben auch Richtung. Denn Kinder müssen nicht alles selbst herausfinden. Manches darf man einfach mitmachen – bis es sich vertraut anfühlt.

Freiheit ist nicht immer bequem. Sie fordert auch heraus – uns wie die Kinder. Denn sie bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Für sich, für andere, für das Zusammenleben. Und genau das möchten wir im Schilfhuus ermöglichen: eine Freiheit, die trägt. Kein Davonlaufen, sondern ein Dazugehören. Kein ständiges Entscheiden-Müssen, sondern eingebettet sein in einen Alltag, der Orientierung gibt – und in dem das eigene Wollen wachsen darf.